Achtung Volkszählung! Attenzione al censimento!
9 Achtung Volkzählung! gegen die option 1981 Im Herbst 1981 wird die nächste allgemeine Volkszählung stattfin- den. In Südtirol wird dabei nicht nur der Bestand der Bevölkerung, sondern auch der einzelnen Sprachgruppen festgestellt. Zum ersten Mal aber werden sich alle Menschen in unserem Land rechtskräftig und für die Dauer von mindestens zehn Jahren bindend entscheiden müssen, ob sie «Deutsche», «Italiener» oder «Ladiner» sein wollen – das sind nämlich die drei anerkannten Sprachgruppen in Südtirol, zu einer von welchen man gehören muß, wenn man «in Ordnung» sein will. Die Erklärung kann nicht verweigert werden und ist für zahl- reiche Belange des öffentlichen und privaten Lebens entscheidend: u. a. für die Besetzung öffentlicher Stellen, Gewährung von Sozial- leistungen, Krediten und Beihilfen, Vergabe von Sozialwohnungen, Einschreibung in Schulen und häufig auch in Kindergärten, Beklei- dung zahlreicher Ämter und sogar Kandidaturen, und in noch anderen Fällen, in denen die Sprachgruppenzugehörigkeit wie eine Art Staats- bürgerschaft oder Paß eine notwendige Voraussetzung darstellt und oft den Ausschlag gibt. Zehntausende von Südtirolern sehen dieser Volkszählung mit Sorge und tiefer Beunruhigung entgegen; viele sprechen schon von einem neuen Optionszwang, diesmal unter dem Motto «je klarer wir trennen, desto besser verstehen wir uns». Am ärgsten betroffen sind jene, die von verschiedensprachigen Eltern abstammen (oft schon seit Generationen, besonders im Unter- land); noch dazu sollen selbst unmündige Kinder von ihren Eltern in eine Sprachgruppe eingewiesen werden. Ferner trifft dieser Zwang die Ladiner sehr empfindlich: wer sich als ladinischsprachig erklärt, läuft Gefahr, in das «Reservat» der ladinischen Täler eingeschränkt zu werden. Schließlich gibt es in Südtirol auch einige Hundert An- derssprachige (Slowenen, Zigeuner, Flamen, Ungarn, usw.), die sich ebenfalls zu einer der drei anerkannten Sprachgruppen schlagen müs- sen, wenn sie in der Genuß bestimmter Rechte kommen wollen. Dazu aber gibt es zahlreiche Menschen, die sich einfach in kei-
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