Achtung Volkszählung! Attenzione al censimento!

22 Volkstumskampf flackert wieder auf Spätestens seit 1978/79 ist klar geworden, daß in Südtirol die Span- nung zwischen den Volksgruppen und der Volkstumskampf wieder zunehmen und angeheizt werden. Die wiederaufflackernden Attentate sind nur ein Symptom für eine Zuspitzung der Lage, die auf vielen Gebieten zu verspüren ist und diesmal nicht auf einen Konflikt zwi- schen nationaler Minderheit und Staat, sondern zwischen den im Lan- de lebenden Volksgruppen hinweist. Wir sind nicht so naiv anzunehmen, daß die Erklärung dafür ein- zig in den gesetzlichen Bestimmungen zu suchen ist, die die Trennung und den Konflikt zwischen den Volksgruppen fördern: wir wissen, daß es dafür auch viele andere politische, soziale, wirtschaftliche und noch weitere Gründe gibt. Trotzdem ist nicht zu übersehen, daß die neue Volksgruppenregelung in Gesetz und Praxis die Trennungspoli- tik und damit den ständigen Antagonismus fördert und so nicht nur dem Zusammenleben verschiedensprachiger Menschen in Südtirol, sondern auch der Glaubwürdigkeit von Autonomie und Minderhei- tenschutz viel Schaden zufügt. Eine regelrechte Politik der Entzweiung und der systematischen Entflechtung zwischen deutscher und italienischer Sprachgruppe ist im Gange, wobei übrigens die Ladiner meistens unter die Räder kom- men und höchstens die Wahl haben, auf welcher Seite sie sich “an- schließen” wollen. Dabei ist eine unübersehbare Strategie der Block- bildung und der möglichst nachdrücklichen Stärkung der jeweils eigenen Volksgruppe – bis zum Revanchismus, zur Provokation oder gar zum Rassismus gegenüber den “anderen” – im Anwachsen, die über kurz oder lang die Möglichkeiten demokratischen und autono- mistischen Zusammenlebens unerträglich belastet und in Frage stellt. Vielfach sollen dabei die Menschen dadurch, daß sie in ihrer Volksgruppe festgenagelt werden, auch faktisch gezwungen werden, die Politik der führenden Kreise derselben Volksgruppe mitzutragen und mitzuverantworten, während jede Solidarität, die quer durch die Sprachgruppen geht und dafür gemeinsame soziale, kulturelle, poli-