Achtung Volkszählung! Attenzione al censimento!

37 Achtung Volkzählung! ehesten wie ein Nebeneinander verschiedener Staaten vorstellt!). Wer also seine ethnische Zugehörigkeit nicht eindeutig zu er- klären und definieren vermag, darf daher auch nicht kandidieren (wie das Schicksal von vier zweisprachigen Landtagskandidaten 1978 be- wiesen hat). Es ist klar, daß durch solche Bestimmungen ein starker Druck ausgeübt wird, auch bei politischen Wahlen so vorzugehen, wie es das Gesetz für die Staatsangestellten obligatorisch vorsieht: daß Deutsche nur deutsche Kandidaten und italienische Wähler nur italienische Kandidaten wählen – mit der Folge, daß man möglichst klar zwischen “deutschen” und “italienischen” Listen unterscheiden kann. Man könnte diese beispielhafte Kasuistik noch lange fortführen, aber hier geht es uns mehr darum, den Gesamtaspekt deutlich zu ma- chen: In einem System, in dem die Verteilung öffentlicher Stellen und Haushaltsmittel gesetzlich nach dem “ethnischen Proporz” (siehe Art. 15 und 89 des Statutes) vorgenommen wird und in dem die Aus- übung der verschiedensten Ämter vor allem von der Volksgruppe der Amtsträger oder Bewerber abhängt (wie in verschiedenen Artikeln des Statuts festgelegt ist), ergibt sich sozusagen zwangsläufig die Notwendigkeit, jeden einzelnen Bürger nach seiner – eindeutigen! – Zugehörigkeit zu “zeichnen”: sowohl, um den Gesamtproporz zu errechnen, als auch, um jeden einzelnen seinem Pferch zuzuweisen. Um ein solches System reibungslos und glaubwürdig funktionie- ren zu lassen, muss man entweder das Bestehen ganz klar abgehobener Gruppen voraussetzen – oder man muss, wenn diese Unterscheidung und Trennung in der Wirklichkeit nicht immer eindeutig und klar ge- nug Vorhanden ist , sie künstlich und bürokratisch fördern: dazu dient bestens ein “Identifizierungsmerkmal”, das jedem auferlegt werden kann und aktenkundig bleibt. Wo sich nun eine Tendenz zur tatsächlichen Zweisprachigkeit äussert und durchsetzt, kommt eine so fein säuberliche Unterschei- dung und Trennung ins Wanken, da die Notwendigkeit ja nicht mehr

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