Achtung Volkszählung! Attenzione al censimento!
60 Auch von daher schiene uns eine Forderung nach Abschaffung der gesetzlich sanktionierten Volksgruppenzugehörigkeit heute nicht allgemein vertretbar. Die Rechtslage Ganz entschieden aber wäre eine solche Abschaffung im frontalen Gegensatz zum geltenden Autonomiestatut, das Verfassungsrang hat und die gesetzlich anerkannte und geschützte Existenz von drei Sprachgruppen in Südtirol vorsieht und von individueller Zugehörig- keit spricht. Das Statut hierin zu ändern, wäre selbst bei Vorhandensein des entsprechenden politischen Willens in so kurzer Zeit kaum möglich; da dieser Konsens aber heute überhaupt fehlt, ist nicht einmal daran zu denken. Man hört manchmal den Vorschlag, die Zugehörigkeitserklärung könnte doch auf die erklärungswilligen Angehörigen der Minderheit beschränkt werden und alle anderen hätten dann eben als Staatsbür- ger ohne besondere Zugehörigkeit zu gelten (was z.B. in Jugoslawien möglich ist): aber eine solche Möglichkeit ist beim derzeitigen Auto- nomiestatut ausgeschlossen. Wer bei geltender Rechtslage in Südtirol keiner einzelnen der drei vorgesehenen Sprachgruppe zugehört (oder zugehören will), geht zahlreicher wichtiger Rechte verlustig. Insofern ist weder der Vorschlag, “die Regelung nach getrennten Sprachgruppen überhaupt abzuschaffen”, noch die Verweigerung der Erklärung als legale Lösung (abgesehen von ihrem politischen Wert) derzeit denkbar. Die Verweigerung (siehe darüber weiter oben) ist zwar als poli- tische Manifestation vorstellbar, müßte aber dann wohl später indivi- duell berichtigt werden, wenn man nicht dem Status der Rechtlosig- keit anheimfallen will. Auch die gesetzliche Einführung einer sogenannten “vierten Gruppe” neben den drei anerkannte Volksgruppen (die dann zur “Restgruppe” würde), scheint uns weder verfassungsrechtlich denk-
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