Achtung Volkszählung! Attenzione al censimento!

62 nen, der Weg eröffnet, sich auch mehr als einer der drei historisch existierenden Volksgruppen Südtirols anzuschließen, deren Bestand dadurch ja weder geleugnet noch gefährdet würde. Um eine solche “Mehrfacherklärung” gesetzlich möglich zu ma- chen, bedürfte es keiner Statutenänderung, sondern nur einer neuen Durchführungsbestimmung (Dekret des Staatspräsidenten, von der Regierung auf Vorschlag der “6er-Kommission” zu erlassen). Durch eine solche Kompromißlösung würden folgende Ziele er- reicht: a) aus einer “Option”, wo eine Wahl die andere ausschließt und klare Linien gezogen werden sollen, um klar trennen zu kön- nen, würde – für eine bestimmte Anzahl von Menschen, die von der Mehrfacherklärung Gebrauch machen würde – ein weniger dramatisches und folgenschweres “Bekenntnis”: näm- lich die Zugehörigkeit zu mehr als einer Volksgruppe (was ja in der Realität häufig vorkommt), und der erklärte Wille, sich von der völkischen Spaltung nicht überrennen zu lassen. Eine solche Möglichkeit würde also gerade jenen “Mittelstreifen” in der Südtiroler Bevölkerung aufwerten, der Vermittlung, Einheit und Dialog zwischen den Volksgruppen fördern kann. b) Zugleich würde durch diese Möglichkeit das Prinzip der drei anerkannten Volksgruppen und der individuell festgelegten Zugehörigkeit nicht radikal in Frage gestellt, wohl aber eine Gegentendenz gegen die “Härtefälle” und gegen die säuberliche und bis ins letzte durchgeführte Entflechtung der Volksgruppen ermöglicht (vielleicht mit der Institution der Ehescheidung ver- gleichbar, die ja die Einrichtung “Ehe” als solche nicht aufhebt, aber eine bestimmte Flexibilität für unhaltbare Situationen er- möglicht). c) Alle übrigen Bestimmungen des Systems könnten trotzdem angewendet werden (ob uns das paßt oder nicht), nur mit dem Unterschied, daß manche Bewohner Südtirols – die das aus ir- gendeinem Grunde wünschen – mehr als eine “Volksgruppen- bürgerschaft” und damit auch mehr als einen “Paß” hätten und