Die Politik der richtigen Dinge: Alexander Langer oggi

27 deutung des Interagierens zum Zweck der Konfliktbewältigung (und des Erreichens der besten aller möglichen Welten) anzuerkennen, als vielmehr, sie zu erleben. Es geht darum, vom Nebeneinander zum Mit- einander zu kommen, wie Alex sagen würde. Das Bewusstsein, eine Gemeinschaft zu sein, schafft ein anderes so- ziales Gewebe, in dem Freundschaft und Einverständnis neue, auch ästhetisch erkennbare Motive zeichnen, ja, wo die Ästhetik selbst – um es mit den Worten des Dichters Josip Brodskij 28 zu sagen – zur „Mutter der Ethik“ wird. Das Ideal der Gemeinschaft war Grundlage der wichtigsten Utopien der neueren Geschichte: von den Kibbutzim über die Schülerschule von Barbiana bis zum immer aktuellen Franziskanertum. Diese Ge- meinschaften sind gewachsen dank der besonderen Wahlverwandt- schaft ihrer Gründer und wichtigsten Interpreten. Das reife Selbstbe- wusstsein ist nur im Ideal der Gemeinschaft zuhause. In einem politischen System, das dazu neigt, Trennung und Kompeti- tion unter den Individuen zu erzeugen, und dem es gelungen ist, uns glauben zu machen, das Glück liege im Luxus und Besitz kostspieliger Dinge, muss Gemeinschaftsbewusstsein absurd, wenn nicht gar gefähr- lich anmuten. Denn es lenkt ab vom Ringen um immer höheren Profit. Die Wirtschaft, „diese abendländische Religion, die uns unglücklich macht“, wie Serge Latouche sagt, tut sich schwer mit Begriffen wie Vertrauen, neue Gesellschaftlichkeit, Freundschaft, Respekt, Gleich- heit und Universalität. In ihrem allgemein anerkannten Wortschatz ha- ben Begriffe wie Profit, Verdienst, Wachstum, Erfolg, Macht, Kraft, Markt den Vorrang. Gegen diesen Stand der Dinge gibt Alex die Losung conversione eco- logica , ökologische Umkehr aus; sie markiert den Abstand zum abend- ländischen Modell von Politik und Wirtschaft und formuliert den Ge- genentwurf: lentius, profundius, suavius – langsamer, tiefer, sanfter. 28 Vgl. diese Textstelle von Brodskij: „Je reicher die ästhetische Erfahrung eines Individuums ist, je sicherer sein Geschmack, desto eindeutiger wird seine moralische Entscheidung sein und um so viel freier, wenngleich nicht notwendigerweise glücklicher – wird es selbst sein“ in: Dall’esilio , Adelphi, Milano, 1988, S. 48.

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