Die Politik der richtigen Dinge: Alexander Langer oggi
4 Dringlichkeit vor alte und neue Herausforderungen: Umweltkrise und Ungleichheiten, Hass auf das Andersartige, bis hin zur drohenden Auslöschung so vieler sogenannter marginalen Realitäten, was aber im Gegenteil (in einer von Langer geliebten Umkehrung) zum Modell einer Neugestaltung der Welt werden könnte, die bis vor kurzem dem unbegrenzten Wachstum und dem gedankenlosen Konsum hingegeben schien. Und, alles überragend, das Gespenst der Obsoleszenz des Menschen angesichts des zerstörerischen Potentials seiner eigenen Technologien, wie es der Philosoph Günther Anders beschreibt. Daher ist es – heute mehr denn je – notwendig, eine Figur wie die des Südtiroler Aktivisten und Politikers neu und in ihrer Tiefe zu denken, ohne Zugeständnisse – vor allem an uns selbst. Dies ist, neben anderen, vielleicht das größte Verdienst von Mauro Bozzettis Aufsatz, der bisher weder auf Deutsch noch auf Italienisch veröffentlicht wurde. Ein dichter, an Referenzen reicher Text, Ergebnis jahrelanger Forschungs- und Lehrtätigkeit zu Langer; er unterscheidet sich deutlich von vielen gefälligen, manchmal gar hagiographischen Lesarten einer Persönlichkeit, die unmöglich auf den kleinsten Nenner zu bringen ist, umso weniger, wenn dieser Nenner auf die Gegenwart begrenzt wird. Ein sehr nützlicher Text für alle, die diese bahnbrechende Figur noch nicht kennen, und grundlegend für diejenigen, die ihr Wissen vertiefen wollen. Es geht nicht darum, zu einer befriedigenden Systematisierung zu kommen und Langer ad acta zu legen – das wäre nicht möglich. Ganz im Gegenteil geht es darum, eine neue Reflexion anzuregen, die nicht verschweigt, dass Langer in seinen vielen Lebenswirklichkeiten und Erfahrungen immer eine unbequeme, provozierende und radikale Figur war wie Ivan Illich, dem er zu Recht gegenübergestellt wird. Auf Bozzettis Essay, dank der hervorragenden Übersetzung von Elsbeth Gut Bozzetti nun zweisprachig vorliegend, folgen zwei kurze Texte, jeweils in der Sprache, in der Alex Langer sie verfasst hat. Der erste Text, „Addio, Petra Kelly“, ist ein 1992 kurz nach dem Tod der grünen Politikerin und ihres Lebens- und Kampfgefährten Gert Bastian veröffentlichter Artikel. Es ist ein für Langer (siehe das “zu viel” in
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